Es war einmal eine in die reiferen Jahre gekommene Frau aus Sylt, die los zog, um die Welt da draußen für drei Monate zu erkunden. Sie packte ihr kleines Auto mit allerlei Zubehör, um in ihm zu nächtigen und fuhr los. Die Reise führte sie über Brügge, die Normandie, die Bretagne, einen kleinen Teil der Pyrenäen ganz hinunter nach Calonge, Spanien. Bis dahin 4500 km.
Die Zeit in Spanien war gefüllt mit Ausspannen im Pool und dem Erarbeiten eines Workshops und Retreats. Desweiteren stattete sie ihrer Familie in Athen einen längeren Besuch ab, um dann wieder nach Spanien zurückzukehren.
Circa 7 Wochen waren bis dahin vergangen und die „ Heimreise“ wollte nun langsam angegangen werden. Sie führte über Südfrankreich, Gruissan hin zu Saintes Maries de la mer, dem schönen Städtchen in der Camargue und von dort aus in die Provence.
In der Provence erwischte sie der zweite Heimweh Blues. Es reichte jetzt. Die Heimat rief. Genauer gesagt erst einmal die „ alte Heimat“ die schöne Pfalz. Bis dahin kennt ihr sie bereits meine Geschichte.
Doch was jetzt kommt ist neu. Das Blatt wendete sich wie aus dem Nichts. Ich wohnte also bei einer mir viele Jahre lang bekannten Frau, mit der ich mal mehr und mal weniger oft Kontakt hatte, und ihren drei Töchtern. Dieses in diesem Frauen-Haushalt Wohnen lief so harmonisch ab, dass wir alle dachten, ich wäre ein Mitglied dieser wundervollen Familie. Und ja, ich war es auch.
Ich erholte mich von meinem Nicht-wissen-wohin. Ich kam nach ein paar Tagen so richtig in meiner Geburtsheimat an. Wir besuchten meine Lieblingsburg, die Wachtenburg und mein Lieblingsweinfest in Deidesheim. Mein Tweedy bekam eine Inspektion, mittlerweile hatte er 6400 km hinter sich und meine Ablehnung ins Auto zu steigen, flachte wieder ab.
Ich ließ Alles auf mich zu kommen und wartete auf den nächsten Impuls. Und wer sagt´s denn, er kam ganz von alleine über einen netten Besuch in dem immer offenen Haus meiner lieben Freundin. Ein Freund der Familie flog für paar Tage aus Israel ein und ich wurde gefragt, ob ich nicht auch mal nach Israel reisen wolle.
Nun, darüber hatte ich nun wirklich noch nicht nachgedacht und Israel war mir bis zu diesem Zeitpunkt in keiner Sekunde auf meinem Bildschirm erschienen. Doch ich spürte, wie ich bei diesem Gedanken, anfing zu lächeln und wie sich mein Inneres dabei wohl fühlte. Mein Herz hüpfte vor Freude und am nächsten Tag sagte ich zu. Ja, Ich wolle mit dem Besuch zurück nach Tel Aviv fliegen, die Einladung ein paar Tage in einem Kibbuz zu wohnen annehmen und danach nach Jerusalem weiter reisen.
-Ein Kibbuz ist eine Gemeinschaft, in der Israelis zusammen leben. Sie sind entstanden, als der Staat Israel ausgerufen wurde und viele Juden aus allen Ländern in ihrem Staat leben wollten. Der Kibbuz den ich besuchen durfte, bestand vorher aus Wüste und die Menschen haben ihn zu einer wirklichen Oase aufgebaut. Sie bauten neben Häusern auch Strassen, Wege und legten Gartenanlangen an. Jeder besitzt sein eigenes Haus und doch ist es eine Art Lebensgemeinschaft. Es gibt Kindergärten, einen Supermarkt, eine Bar mit Restaurant, viele Feste und eine Art Gemeinderat, der sich um die Belange der Bewohner kümmert. -
Und so entwickelte sich die bis dato unbekannte Reise nach Israel wie von alleine. Nach zwei Tagen Kibbuz, checkte ich in Abrahams Hostel in Jerusalem ein, um Alles Weitere auf mich zukommen zu lassen.
Jerusalem !
Wenn ich an Jerusalem denke, beginne ich zu strahlen. Jerusalem ist eine wundervolle Stadt. Eine ganz besondere Stadt. Eine Stadt voller Leben. Alleine die Farbe der Stadt ist eine Besonderheit. Sie ist weiß. Das bedeutet die Häuser und ebenso Alt-Jerusalem sind aus Meleke, dem weißen Kalksandstein, den es dort überall gibt, erbaut, was je nach Sonneneinstrahlung die grandiosen Lichtverhältnisse spiegelt.
Alt-Jerusalem hat es mir natürlich, wie den wohl den meisten Touristen, besonders angetan. Immerhin leben in diesen Stadtmauern heute noch circa 200 Tausend Menschen, wie mir ein Einwohner berichtete. Sie ist geprägt von den drei großen Religionen. Dem Christentum, dem Judentum und dem Islam, wobei die Ultra-Orthodoxen eine besondere Rolle spielen.
Sie prägen mit ihren vielen Kindern und ihrem für uns ungewöhnlichen Aussehen das gesamte Stadtbild. Und überall spürt man das Wandeln von Jesus. Für mich ist in dieser Stadt alles vorhanden.
Spiritualität, Religionen und ihre Interpretationen, die Dualität, das Streitbare im Menschen, genauso wie das Versöhnliche in ihm. Gäbe es nicht immer Menschen, die herrschen wollen, Macht besitzen und vor allem Recht haben wollen, wäre das Zusammenleben der so unterschiedlichen Lebensweisen in Jerusalem einfach nur ein Zeichen für die Vielfalt der Möglichkeiten, die es auf der Erde gibt. Warum also darüber streiten?
Warum nicht Jeden leben lassen, wie er es sich für dieses Leben ausgesucht hat. Warum es ihn nicht einfach erfahren lassen? Natürlich hört die Freiheit des Einzelnen da auf, wo die Freiheit des Anderen beginnt.
Ein ewiges Thema der Akzeptanz und des Mitgefühls, was, um in Frieden gipfeln zu können, von allen Religionen anerkannt werden muss. Darauf weist allein die Tatsache, dass es so viele Religionsgemeinschaften gibt, bereits auf die unterschiedlichen Möglichkeiten des Verstandes, Geschehnisse nachzuvollziehen, hin. Das große Ganze Erkennen?
Die Frage, wer in Israel den Anspruch auf Jerusalem besitzt ist eine, wie wir wissen, sehr umfangreiche und heikle Angelegenheit. Vielleicht liegt die Lösung außerhalb unseres Denkvermögens auf einer anderen Ebene. Frieden ist eine innere Angelegenheit. Erst, wenn die Menschen überall auf der Welt ihren inneren Frieden herzustellen bereit sind, kann dieser in das Außen getragen werden. Erst, wenn in Israel alle Frieden wollen, wird er auch eintreten.
Religionen und Spiritualität sind in Jerusalem allgegenwärtig und das spürt man. Die vielen jungen Menschen aus allen Ländern, die vielen Touristen, die einem viel weniger auffallen als in anderen großen Städten, beleben das Stadtbild, das sein eigenes Leben täglich zeigt.
Nach 5 Tagen Jerusalem, einem Halbtages Ausflug ans Tote Meer, einer geführten Wanderung auf dem Olive-Mountain ging’s nun nach Tel-Aviv, dem Miami von Israel. Mein letztes Highlight dieser Reise. Ebenfalls in einem Hostel direkt am Beach, versuchte ich in zwei Tagen so viel wie möglich von dieser Stadt am Meer zu sehen. Auch hier gibt es eine alte Stadt, allerdings viel viel kleiner und ohne diesen Spirit. Ansonsten herrscht in Tel-Aviv ein modernes Leben, mit vielen in die Luft ragenden Kränen, denn es wird sehr viel gebaut. Eine junge aufstrebende Stadt.
Der Strand erinnert mich an die Copacabana ohne Berge natürlich, denn er ist wie in Rio ein Teil des täglichen Lebens. Baden, Spielen, Körperkultur und natürlich Sonnenuntergang angucken, ziehen wahre Menschenmassen an. Jung und Alt tummeln sich hier gemeinsam.
Rundum war Israel für mich wie ein Wunder. Ein Wunder, das auf mich zu kommen konnte gerade weil mir der Zutritt nach Hause versperrt war. Welch ein Glück, sage ich heute. Welch ein Geschenk doch in diesem mich heimatlos Fühlen lag. Durch das Akzeptieren und Annehmen verschwand das Gefühl von ganz alleine und eine neue wunderschöne Möglichkeit konnte sich zeigen.
Ein paar Tage nach Israel fuhr ich dann mit neuer, spritziger Energie wirklich Richtung Heimat, nicht ohne wie auf dem Hinweg bei meiner Mutter vorbei zu schauen. Jetzt sitze ich wieder an meinem „gewohnten“ Platz in meinem Büro und bin irgendwie runderneuert angekommen. Die Praxis ist wieder geöffnet und das Neue wird sich mir offenbaren.
Einen abschließenden Bericht meiner Erkenntnisse dieser wundervollen Reise zu mir selbst, werde ich euch selbstverständlich mitteilen.
Dankbar für Alles sende ich dir ganz liebe Grüße von der Insel
Ingrid
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